Kirchenrenovierung-REPORTAGE: Die alten Holzdielen der evangelischen Stadtkirche in Kusel knarren.
Ganz vorsichtig trägt ein Helfer eine Orgelpfeife die Wendeltreppe hinunter. „Schwer?“, fragt der Kollege.
„Nein, aber groß!“, sagt der Mann und legt die Pfeife sicher ab. Seit gestern bauen Mitarbeiter der Kirkeler Orgelbaufirma Ohlert das Instrument auseinander.
Kusel. Kurz vor Beginn der Innenrenovierung gleicht das Kuseler Gotteshaus einer Großbaustelle. 1975 Pfeifen in allen Größen aus Zinn und Holz müssen ausgebaut werden.
Etwa fünf Meter lang ist die tiefste Pfeife der Oberlinger-Orgel. Dazu kommt die schwere Holzkonstruktion. „Vorsicht, nicht ans Fenster kommen“, ruft Orgelbaumeister Peter Ohlert seinen beiden Mitarbeitern auf der Empore zu. Wie ein überdimensionales A sieht das Teil aus, das die Männer gerade zu dritt in die Höhe stemmen.
„Die Orgel muss weg, weil die Gerüstbauer kommen“, erläutert der Orgelbausachverständige der pfälzischen Landeskirche, Gero Kaleschke.
Der Fachmann aus Speyer ist gestern Nachmittag extra zu den kritischsten Momenten des Ausbaus hinzugekommen.
Mit ernster Miene beobachtet er die Orgelbauer. Dann ein lauter Schlag. Dekan Lars Stetzenbach, Presbyteriumsvorsitzender Hans-Christian von Steinaecker und seine Frau Helga gehen auf knarrenden Holzdielen in Deckung.
Überall liegen Orgelpfeifen, und Ohlert hat Sorge: „Nicht drauftreten“, bittet er und verrät auch gleich warum: „Das Material der Metallpfeifen ist wie besseres Schokoladenpapier.
“ Es sei ganz leicht zu verbiegen. „Ich kriege das zwar wieder hin, aber es muss ja nicht sein“, sagt der Meister.
Kirchenrenovierung: Riesenpuzzle für Orgelbauer.
Von der Kassettendecke beleuchten Bauscheinwerfer die Szenerie. Bereits am Samstag hatten rund 30 Helfer die Kirche leergeräumt.
320 Stühle, 15 Umzugskartons, sechs Schränke, ein Klavier und ein Orgelpositiv wurden ins Lager gebracht. „Viermal haben wir den Umzugswagen ein- und ausgeladen“, berichtet von Steinaecker.
Die leere Kirche gefällt ihm in ihrer Schlichtheit gar nicht schlecht. „Es ist immer noch ein religiöser Ort“, stellt er klar.
Auf dem Altar eine Rolle mit Noppenplastikfolie, daneben Staubsauger, Staubwedel und volle Säcke.
Ein ungewohntes Bild auch für Stetzenbach. Bald ist die Kirche „hergerichtet“ für den Baustellengottesdienst, den die Gemeinde am Pfingstmontag hier feiern will.
Ob er dann mit Talar und Helm kommt? Die Besucher dürfen sich überraschen lassen.
Nach drei Monaten jedoch soll alles überstanden sein, hofft der Dekan. Dann soll die Kirche renoviert und die Orgel – eine der größten der Region – wieder spielbar sein. Die Kosten für die Innensanierung liegen bei 180.000 Euro, gut zehn Prozent wurden bereits gespendet.
Der Orgel bescheinigt Kaleschke übrigens einen guten Zustand – wenn sie auch ziemlich verstaubt ist. „Ich habe heute extra ein weißes Hemd angezogen“, meint Ohlert lachend.
Weiß? Das war vielleicht mal. Immerhin: Nach dem Ausbau sollen die Pfeifen gründlich gereinigt werden, verspricht Kaleschke. Zudem würden die technische Anlage sowie Klangfarben und Register überprüft.
Kirchenrenovierung: Riesenpuzzle für Orgelbauer.
Während der Abbau einige Tage in Anspruch nimmt, brauchen die Orgelbauer für den Einbau wesentlich länger, weiß Kaleschke. „Das kann acht Wochen dauern“, schätzt der Experte, der für 560 Instrumente im Bereich der Landeskirche zuständig ist.
Doch noch liegen zahlreiche Einzelstücke im Kirchenschiff – Pfeifen aus Kiefer und Birnbaum, Metallpfeifen, Konstruktionsteile: Morgen sollen sie zum Zwischenlager gebracht werden.
Nach der Renovierung dürfen die Orgelbauer das Riesenpuzzle dann wieder schön zusammenbauen.
Quelle: www.rheinpfalz.de